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Unsere lieben, interessierten Leser :o)

18.03.11

Gastbeitrag: "Zitronenstreuselstau"

Ich darf mit Stolz einen neuen Gastblogger vorstellen.

Sai.  


Ein lieber, sehr kreativer Freund von mir, der gerade an seinem ersten Buch schreibt. Ich darf, als Erste, einen Ausschnitt aus dem Buch veröffentlichen!(man bin ich stolz:)
Ich hoffe es gefällt euch. Weitere Ausschnitte folgen :) 
In dem Buch geht es um "einen liebenswerten Versager namens Finn, der so seine Erfahrungen als zugezogener Student in Berlin sammelt und noch nicht so recht weiß, wer er eigentlich ist und was er eigentlich will." (Sai, 18.10.2011)


Zitronenstreuselstau 


"...So steige ich in die S-Bahn ein. Wie gewohnt unfreundlich, entschlossen und anonym. So machen es die Berliner. Man muss sich anpassen. Lächelnde Menschen sind in diesen öffentlichen Bereichen nicht erwünscht. Man tut sich hier den Gefallen, noch unglücklicher zu wirken als sein Gegenüber, damit der denken kann, dass er nichtmal am schlechtesten dran ist. Damit ist garantiert, dass sich alle irgendwie so fühlen, wie es ein beliebter Spruch hier sagt: "Muss ja, ne?".
Wie immer habe ich Kopfhörer auf und stelle mein Fahrrad gegen die Seite, setze mich hin und versinke in meiner S-bahnwelt. In dieser Welt ziehen meine Gedanken immer die gleichen Kreise. Ich schaue mir Personen an, die mir gegenüber sitzen und denke mir eine Geschichte aus, in denen diese völlig fremden Menschen unfreiwillig zu Protagonisten werden. 

Diesmal trifft es den mir gegenübersitzenden Mann. Ernster blick, Fila Pullover, Jetlag Hose, Bauchtasche, Nike Airmax Schuhe und ein Fahrrad, das sagt: "Ich war zwar nicht teuer, aber ich tue so." Mit seinem perfekt getrimmten Bart und seiner Wetgelfrisur muss er einfach der Anführer einer kleinen Bande namens "les brutaloz" aus den Slums von Rio de Janero sein. In meinem Kopf zumindest. Jochéz heißt er und ist gefürchtet wie kein anderer in seinem kleinen Königreich, das vom Haus Gonzales bis zur alten Scheune reicht. In diesen fussballfeldgroßem Gebiet ist er der Boss. Wenn jemand ein Problem hat muss er es mit Jochéz klären. Beziehungsweise erst um seine Audienz bei Sauloz bitten. Seiner rechten Hand. 
In meinem Kopf enden diese Geschichten je nach Fahrzeit entweder mit einer schnellen, nicht allzu überraschenden Pointe oder aber sie entwickeln sich zu filmreifen, gut durchdachten Dramen, in denen natürlich immer eine hübsche, braunhaarige Frau die größte Rolle spielt. Dieses mal hat sie Jochéz so dermaßen den Kopf verdreht, als sie in seiner Hood aufkreuzte, dass dieser völlig verweichlicht um ihre Gunzt bettelt. Das sehen andere Mitglieder der "los brutaloz" und stellen daraufhin die Autorität Jochéz nachhaltig in Frage. 

Ich liebe das S-Bahn fahren. Völlig vertieft in meiner Brutalozstory, bemerke ich erst nicht wie sich fünf frühpubertäre Teenies neben mir breit machen. Doch sie hampeln, blödeln so aktiv herum, dass ich mich nicht mehr konzentrieren kann. Ich schaue immer wieder zu ihnen rüber. Unaufällig. Denn die sehen zwar aus wie zwölf aber zwölf eher von der Sorte, die bereits 20 jahre im Jugendknast wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge einsaßen. Mit anschließender Agressionsbewältigungstherapie, der sie so eben entflohen sind. Vier Jungs und ein Mädchen. Schnell ist klar wer von ihnen die Hosen an hat. Ein etwas dickerer, sehr stämmiger Junge. Ja, er war definitiv der Anführer der brutalen Rasselbande. Das einzige Mädchen, daseinen für mich äusserst fragwürdigen Kleidungsstil hat,ist wohl seine Freundin. Sie bewundert ihn mit großen Augen. 

Dieser kleine, dicke Kerl lässt meinen Puls schneller werden. Ich habe Angst vor ihm. Dass er mich und meine ganze Familie brutal zusammenschlägt und das mit seinem Handy filmt. Sein Handy, das Hüpfmusik so laut abspielt, dass ich meine eigene Musik nicht mehr höre. Aber mit dem lege ich mich besser nicht an, denke ich mir während er hyperaktiv an den Stangen rumturnte, die in der S-Bahn tatsächlich sehr für das Turnen geeignet sind. Ich male mir aus, wie ich meine Kopfhörer abnehme, ihn ernst dominant anschaue und sage: "Pass mal auf du kleiner Spacko mit deinen willenlosen Sklaven. Müsst ihr nicht hier aussteigen? Hier ist doch die Schule für schwererziehbare Ads Kinder, die Bildung nicht einmal buchstabieren können aber dafür alle Techniken der Rebellion gegen Höflichkeit und Anstand drauf haben. Steigt lieber aus, sonst erzähl ich euren Heimleitern, wie ihre misratenen Schützlinge auch noch andere tyrannisieren und anstatt zur Schule zu fahren, lieber Pickel kriegen. Dann habt ihr erstmal einen Monat Bier- und Vodkaverbot und dürft nur noch eine Schachtel pro Tag rauchen. Wollt ihr das?" 
Aber anstatt, das alles wirklich zu sagen, sag ich garnichts und steige aus. Eine Station früher als geplant. Aber ich denke mir: lieber überleben, als tot bei der richtigen Station anzukommen...

4 Kommentare:

  1. Wah, ganz schön lang. Les ich mir später durch.

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  2. Haha, gar nicht übel!! :-) Ich mag alles Phantasievolle! Nur: "Gunst" schreibt man mit s, nicht mit z. Ist wohl ein Verschreiber :-)

    Du musst noch weitere Auszüge veröffentlichen, ist spannend!!
    LG
    Esra

    http://nachgesternistvormorgen.de/

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  3. Komisch,aber der 1.Abschnitt dieser Geschichte passt genau auf mich (;
    So sitz ich auch immer in der Bahn & male mir die unterschiedlichsten Geschichten aus über die Menschen,wo sie hin fahren,wo sie herkommen,wer sie sind,was sie machen,usw. Sehr spannend!

    Ich will mehr lesen!!! Viel viel mehr,sag Sai, dass ich mehr will (:

    & danke...die Gedanken gingen mir so durch den Kopf & ich freue mich,wenn ich Zustimmung dafür finde!

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  4. Oh das gefällt mir :D Schöner Schreibstil! Ich will mehr!
    das wird verfolgt :)

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ich freue mich sehr über jede Meinung und Anregung :) Danke für Eure Kommentare!